Fische der Schweiz

In den Schweizer Alpen entspringen grosse Flüsse wie der Rhein und die Rhone, der Tessin und der Inn. Doch was – oder wer – verbirgt sich unter der Wasseroberfläche? Lerne hier neun der rund 70 Fischarten kennen, die in unseren Flüssen und Seen zu Hause sind.

Nase

Wo das Wasser über Sand- und Kiesboden rauscht, fühlt sich die Nase wohl: Zwischen April und Mai ziehen die Fische in grossen Schwärmen die Flüsse hoch. Es ist Laichzeit. 20‘000 bis 100‘000 Eier kleben die Weibchen – sogenannte Rogner – an den Kies. Wenn die Larven schlüpfen, verstecken sie sich zwischen den Kieselsteinchen, bis sie gross genug sind, um in flachere Bereiche mit weniger Strömung zu wandern.

Der Fisch sieht tatsächlich aus, als hätte er eine Nase. Typisch sind seine hornige Unterlippe und ein Maul, das zur Bauchseite hin geöffnet ist. So schabt und frisst die Nase Algen von den Steinen. Dabei neigen sich die Fische oft zur Seite – und ihre Flanken blitzen silbrig im Licht, das durch die Wasseroberfläche bricht.

Nase

Äsche

Zur Laichzeit sucht die Äsche die seichten Kiesbänke grösserer Flüsse auf. Hier strömt das Wasser bestenfalls frisch, sauerstoffreich und kühl. Die Wassertemperatur darf maximal 24 °C betragen.

Wie Nasen laichen auch Äschen auf Kies. Die Larven reagieren sehr empfindlich auf Umweltveränderungen: Sie brauchen nicht nur Kiesböden, um zu laichen. Später als Jungfische brauchen sie natürliche, möglichst üppig bewachsene Ufer. Zwischen den Wasserpflanzen verstecken sie sich vor Räubern und gehen selbst auf Jagd nach Insektenlarven, Würmern und kleinen Schnecken. Ausgewachsene Äschen fressen auch kleine Fische wie Elritzen oder dann und wann die eigenen Jungen.

Äsche

Egli

Der Egli oder Flussbarsch gehört zu den bekanntesten Fischarten unserer Seen und Flüsse. Er ist sehr anpassungsfähig und vielseitig: Eglis leben in Flussmündungen, in Flüssen oder in Alpenseen bis auf rund 1000 Meter Höhe. Nur stark schlammige Gewässer meiden sie.

Während die Jungfische in kleinen Schwärmen in Ufernähe leben, ziehen sich erwachsene Tiere häufig ins tiefere Wasser zurück. Sie sind Einzelgänger und fressen andere Fische, auch kleinere Eglis, oder sie ernähren sich wie schon als Larven und Jungfische weiterhin von kleinen Krebstierchen, Schnecken und Insektenlarven.

Egli (Perca fluviatilis)

Felchen

Über 25 Felchen-Arten leben in der Schweiz. Das sind mehr Felchen-Arten auf engem Raum als irgendwo sonst auf der Welt. Die Felchen siedelten sich vor rund 15‘000 Jahren nach der letzten Eiszeit in unseren Flüssen und Seen an. Im Laufe der Zeit entwickelten sich viele verschiedene Arten, die es nur hier gibt und nirgendwo sonst auf der Welt.

Felchen sind weit verbreitet und machen rund 60 % der Fischfänge in der Schweiz aus. Häufig halten sie sich im freien Wasser auf, wo sie kleine Krebstiere fressen.

Felchen-Schwarm

Schleie

Sanft wiegen sich die wuchernden und algenbesetzten Wasserpflanzen in der Strömung. Es ist warm. Der Grund schlammig. Braune Wolken und Bläschen wirbeln auf, wenn die Schleie im Schlamm wühlt. Sie sucht nach Nahrung, nach Schnecken, Insektenlarven, Würmern, auch Algen frisst sie. Je dichter und krautiger, desto besser: Das Wasser mag für viele Fischarten längst zu warm sein, die Schleie aber fühlt sich selbst in sommerlich abgestandenem Wasser wohl. Mit Sauerstoffmangel hat sie keine Probleme, auch saures Moorwasser macht ihr nichts aus. Bei zu grosser Hitze geht sie in eine Hitzestarre über – bei Kälte in eine Kältestarre.

Anders als andere Fische besitzt die Schleie eine dicke Schleimhaut, die sie vor Pilzen und Bakterien schützt.

 

 

Schleie

Roi du Doubs

Der Roi du Doubs lebt nur im französischen und Schweizer Rhone-Gebiet. Das ist ein Verbreitungsgebiet von weniger als 10 Quadratkilometern, was etwa 1400 Fussballfeldern entspricht. Er gilt als vom Aussterben bedroht und ist die gefährdetste Fischart der Schweiz.

Der Roi du Doubs ist nachtaktiv. Er lebt am Grund von Gewässern mit mässiger Strömung, die nicht tiefer sind als 30 bis 80 Zentimeter. Dort erbeutet er bodenlebende Tiere wie Schnecken, Insektenlarven, kleine Krebstiere und Muscheln.

Der Roi du Doubs lebt rund dreieinhalb Jahre. In dieser Zeit laicht er in der Regel nur ein einziges Mal, irgendwann von März bis April.

Roi du Doubs (Zingel asper)

Hecht

Hecht-Weibchen erreichen fast die Länge eines Fahrrads. Trotz ihrer eindrücklichen Grösse halten sich Hechte gern in Ufernähe von Flüssen, Seen und gar Teichen auf. Im Schilf lauern sie auf andere Fische, auf Vögel, ja gar auf kleine Säugetiere wie Mäuse oder Eichhörnchen. Sie gehören zu den grössten Raubfischen der Schweiz – mit dem Wels an der Spitze.

Vor allem während der Laichzeit im Frühjahr gibt es heftige Kämpfe zwischen den männlichen Hechten, den sogenannten Milchnern. Und hat ein Weibchen gelaicht, kann es auch schon einmal vorkommen, dass sie ein kleineres Männchen frisst.

Hecht

Europäischer Aal

Der Aal zählte früher zu den häufigsten Schweizer Fischen. Heute ist er aus vielen Flüssen verschwunden – seit 2014 gilt er in der Schweiz als vom Aussterben bedroht. An seiner schlangenähnlichen Form und dem Flossensaum lässt er sich leicht erkennen.

Wie der Lachs unternimmt auch der Aal lange Wanderungen. Seine Reise aber startet im Meer, genauer in der Sargassosee: den Gewässern zwischen Florida und den Bermudainseln.

Die Aallarven treiben mit dem Golfstrom über Jahre hinweg nach Europa. Erreichen sie die europäischen Küsten, werden aus den Aallarven kleine, durchsichtige Jungaale. Schliesslich wandern sie flussaufwärts und verändern sich weiter, wachsen und ähneln immer mehr den ausgewachsenen Tieren. Haben die Aale ein Gewässer gefunden, das ihnen gefällt, verweilen sie bis zu 20 Jahre hier, bevor sie mit ausreichend Fettreserven die Wanderung zurück in die Sargassosee antreten. Dort sterben die meisten Tiere, sobald sie gelaicht haben.

Europäischer Aal (Anguilla anguilla)

Atlantischer Lachs

Der Atlantische Lachs war früher ein häufiger Besucher der Schweiz. Er laicht in sauerstoffreichen, kühlen Bächen und kleinen Flüssen mit kiesigem Grund. Die Jungfische verbringen ihre ersten Lebensjahre hier. Wenn sie etwa so gross sind wie ein Bleistift, sind sie stark genug, um ihre erste Wanderung ins Meer anzutreten.

In den nächsten Jahren im Meer legen sie deutlich an Grösse und Gewicht zu. Sie können lang werden wie ein Hecht und schwer wie ein Primarschulkind.

Für so einen Lachs ist die Zeit gekommen. Er macht sich auf den Weg zurück in sein Heimatgewässer. Für die meisten Lachse ist dies die letzte Wanderung. Sie hören auf zu fressen und ernähren sich während ihrer Reise die Flüsse hinauf von ihren Fettreserven. Nach dem Laichen sterben die meisten an Erschöpfung. So dauert das Leben eines Lachses im Durchschnitt 10 Jahre.

Atlantische Lachse (Salmo salar)